ESMA und der Schutz der Kleinanleger

Bereits im März 2018 gab die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in einer Pressemitteilung bekannt, dass sie zum Schutz von Kleinanlegern ein Verbot binärer Optionen und Beschränkungen für Differenzgeschäft (CFD) einführen wird. Seit dieser Zeit wurde viel darüber diskutiert. In der Pressemitteilung der ESMA vom 1. Juni 2018 sind die genauen Termine und Beschlüsse bekannt geben. Der Beschluss gilt vorerst für einen Zeitraum von drei Monaten.

Binäre Optionen

„Ab 2. Juli 2018 gilt für Binäre Optionen das Verbot der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs binärer Optionen an Kleinanleger.“

Den Binären Optionen werden die wenigsten eine Träne nachweinen. Das Verbot ist meiner Meinung nach schon lange fällig gewesen.

Differenzgeschäfte (CFD)

„Ab 1. August 2018 gilt für Differenzgeschäfte (CFD) die Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von CFD an Kleinanleger. Diese Beschränkung umfasst mehrere Maßnahmen: Hebel-Obergrenzen (Leverage-Limits) bei der Eröffnung von Positionen; Margin-Glasttstellungsvorschrift (Margin-Close-out) auf Einzelkontobasis; Negativsaldoschutz auf Einzelkontobasis; Unterbindung des Einsatzes von Anreizen durch CFD-Anbieter und firmenspezifische standardisierte Risikowarnungen.“

Die Maßnahmen im Einzelnen:

1. Hebel-Obergrenzen (Leverage-Limits) bei der Eröffnung von Positionen

  1. ) Hebel 30:1 für Hauptwährungspaare
    3,33 % des Nominalwerts des CFD, wenn der Währungspaar-Basiswert aus zwei der folgenden Währungen besteht: US-Dollar USD, Euro EUR, Japanisch Yen JPY, Pfund Sterling GBP, kanadischer Dollar CAD oder Schweizer Franken CHF
  2. ) Hebel 20:1 für andere Währungspaare, Gold und wichtige Indizes
    5 % des Nominalwerts des CFD, wenn der Index, das Währungspaar oder der Rohstoff des Basiswerts besteht aus: einem der folgenden Aktienindizes: Financial Times Stock Exchange 100 (FTSE 100 – UK100); Cotation Assistée en Continu 40 (CAC 40); Deutsche BörseAG Deutscher Aktienindex 30 (DAX30); Dow Jones Industrial Average (DJIA); Standard & Poors 500 (S&P 500); NASDAQ Composite Index (NASDAQ), NASDAQ 100 Index (NASDAQ 100); Nikkei Index (Nikkei 225); Standard & Poors/Australian Securities Exchange 200 (ASX 200); EURO STOXX 50 Index (EURO STOXX 50); einem Währungspaar, das aus mindestens einer Währung besteht, die nicht unter Buchstabe a oben angeführt ist, oder Gold.
  3. ) Hebel 10:1 für Rohstoffe (außer Gold) und andere Aktienindizes
    10 % des Nominalwerts des CFD, wenn der Rohstoff oder der Aktienindex des Basiswerts ein anderer Rohstoff oder ein anderer Aktienindex als die unter Buchstabe b angeführten ist.
  4. ) Hebel 5:1 für Einzelwertpapiere und andere Basiswerte
    20 % des Nominalwerts des CFD, wenn der Basiswert: eine Aktie ist oder nicht nicht an anderer Stelle (a,b,c, e) angeführt ist.
  5. ) Hebel 2:1 für Kryptowährungen
    50 % des Nominalwerts des CFD, wenn der Basiswert eine Kryptowährung ist

Hinweis: Einige Broker haben mit besonders hohen Hebel geworben, z.B. 50:1 und 100:1 waren nicht selten. Der Hebel ermöglicht den Händler mit wenig Kapitaleinsatz größere Positionen zu handeln. Bei Gewinnpositionen bekommt der Händler das Kapital gutgeschrieben, dass mit der vergrößerten Hebelposition realisiert wurde. ABER ACHTUNG. Bei Verlustpositionen bekommt der Händler das Kapital abgezogen, dass mit der vergrößerten Hebelposition realisiert wurde. Das bedeutet unter Umständen mehr Kapitalverlust, als auf dem Handelskonto real zur Verfügung steht.

Ein einfaches Beispiel:

 

Handelsobjekt
ohne Hebel

Handelsobjekt
mit altem Hebel

Handelsobjekt
mit neuen Hebel

Kapitaleinsatz

1.000,00 €

1.000,00 €

1.000,00 €

Hebel

1

100

20

Margin

100 %

1%

5%

Handelsposition

1.000,00 €

100.000,00 €

20.000,00 €

Gewinn bei 2% Kursänderung

20,00 €

2.000,00 €

400,00 €

Verlust bei 2 % Kursänderung

-20,00 €

-2.000,00 €

-400,00 €

2. Margin-Glattstellungsvorschrift (Margin-Close-out) auf Einzelkontobasis.

Dabei wird der Prozentsatz der Margin, bei dem CFD-Anbieter ein oder mehrere CFD eines Kleinanlegers glattstellen müssen, standardisiert (50 % der erforderlichen Mindest-Margin)
„Margin-Glattstellungsschutz“ betrifft das Schließen eines oder mehrerer offener CFD von Kleinanlegern zu den günstigsten Bedingungen für den Kunden gemäß den Artikeln 24 und 27 der Richtlinie 2014/65/EU, wenn die Summe der Gelder auf dem CFD-Handelskonto und der unrealisierten Nettogewinne aller offenen CFD in Verbindung mit diesem Konto unter die Hälfte des Gesamtbetrags des Initial-Margin-Schutzes für alle diese offenen CFD fällt.

Hinweis: Margin ist ein Sicherheitseinbehalt die auf offene Positionen erhoben wird.

3. Negativsaldoschutz auf Einzelkontobasis.

Durch diese Maßnahme wird eine einheitliche Verlustbegrenzung für Kleinanleger gewährleistet.
„Negativsaldoschutz“ ist die Obergrenze der Gesamthaftung eines Kleinanlegers für alle CFD in Verbindung mit einem CFD-Handelskonto bei einem CFD-Anbieter für die Gelder auf diesem CFD-Handelskonto.

4. Anreizbeschränkung für CFD-Handel

Hinweis: Unter diesem Punkt sind die Werbemöglichkeiten und Bonussysteme der CFD-Anbieter beschrieben.

5. Standardisierte Risikowarnung

Aus der standardisierten Risikowarnung soll unter anderen der Prozentsatz der Kleinanlegerkonten des CFD-Anbieters hervorgehen, in denen Verluste verzeichnet werden.

Ein Beispiel wie der Wortlaut für die Abgekürzte Standardrisikowarnung lauten sollte:

Zwischen 74 % und 89 % der Kleinanlegerkonten verlieren beim Handel mit CFD Geld.
Sie sollten überlegen, ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren. „

Der genaue Wortlaut des Beschlusses kann auf der Webseite der ESMA nachgelesen werden. Ebenso Die Analysen, welche für den Beschluss angefertigt wurden.

    

Welche Auswirkungen hat dieser Beschluss?

Es ist kein Geheimnis, dass viele private Trader dem Börsenhandel sehr leichtsinnig gegenüberstehen. Einige Broker haben die Ungeduld und Gier der Menschen ausgenutzt und selbst gute Gewinne damit eingefahren. Mit super Angeboten, kostenlosen Schulungen und unzähligen vielversprechenden Tools wurden die Privaten Händler zum traden animiert. Mit großem Hebel sollten möglichst viele Positionen eröffnet werden. Jeder Trade, der eingegangen wurde, war bares Geld für die Broker. Egal ob der Händler gewinnt oder verliert. Wer sich die neuen Regelungen genau durchliest wird die jetzt kommenden Veränderungen verstehen. Der CFD Handel ohne Stopp Loss mit der Einstellung: „… das sitzen wir aus...“, gehört der Vergangenheit an. Hier wird der Broker und der Händler in die Pflicht genommen. Mit der Margin-Glattstellungsvorschrift und den Negativsaldoschutz auf Einzelkontobasis werden Positionen bei erreichen eines bestimmten Levels geschlossen. Die wilde gedankenlose Zockerei im CFD-Handel wird eingedämmt.

Wer bereits gewissenhaft und mit dem richtigen Risikomanagement arbeitet, wird sich nicht viel ändern.

Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde

Wer ist die ESMA?

Die Behörde nahm am 01.01.2011 ihre Arbeit in Paris auf und ist Bestandteil des Europäischen Finanzaufsichtssystems. Die Finanzkrise ab 2007 war Anlass der Bemühung zur europaweit einheitlichen Regulierung von Wertpapieren. Die ESMA arbeitet eng mit den Finanzaufsichtbehörden der einzelnen Mitgliedsstaaten zusammen.

Wer ist Kleinanleger?

Der Beschluss betrifft den Schutz der Kleinanleger. Ein Anleger (engl. Investor) ist ein Marktteilnehmer, der am Finanzmarkt ein Finanzprodukt erwirbt oder am Gütermarkt eine Investition tätigt. Es werden Privatanleger (Kleinanleger) und Institutionelle Anleger unterschieden. Für die Privatanleger die oft über wenig oder keine finanzielle Allgemeinbildung verfügen (natürliche Personen sowie Gemeinden, Landkreise und kreisfreie Städte) gilt das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015.

Zu den Institutionellen Anlegern (professionelle Anleger) gehören Versicherungen, Kreditinstitute, Pensionskassen, Fonds, Großunternehmen sowie Bund und die Länder. Der Privatanleger kann auch in den Status professioneller Kunde unter bestimmten Voraussetzungen gelangen. Den Privatanlegerschutz kann eine Privatperson nur verlieren, wenn sie dies ausdrücklich bewilligt hat. Es gibt genügend Gesetze und Vorschriften, in der die gesamte Finanzwelt genau geregelt ist. Dazu zählt unter anderem das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Im § 31a WpHG Abschnitt 6 (Verhaltenspflichten, Organisationspflichten, Transparenzpflichten) (7) sind die Voraussetzungen benannt, wie ein Privatkunde auf Antrag als professioneller Kunde eingestuft werden kann.

Zudem gehören die meisten privaten Trader zu der Gruppe der Spekulanten. Im Finanzsektor ist die Spekulation eine mit Risiko behaftete Ausnutzung von Kurs-, Zins- oder Preisunterschieden innerhalb eines Zeitraumes zum Zwecke der Gewinnmitnahme.

Hinweis: Jeder der am Finanzmarkt handelt, sollte sich seiner Verantwortung bewusst sein.

Fazit:

Der Beschluss (EU) 2018/796 der ESMA vom 22. Mai 2018 zur vorübergehenden Beschränkung von Differenzgeschäften (CFD) in der Union gemäß Artikel 40 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates gilt ab dem 1. August 2018 für einen Zeitraum von 3 Monaten. Also bis Ende Oktober 2018. Was dann kommt, werden wir sehen.

Videoaufzeichnung: Webinar vom 06.07.2018: ESMA und der Schutz der Kleinanleger

Video ansehen

Nachtrag am 30. Oktober 2018:

Wie von mir vermutet, wurde der ESMA Beschluss zum Schutz der Kleinanleger, das Verbot binärer Optionen und die Beschränkungen für Differenzgeschäft (CFD) um weitere 3 Monate verlängert.

Am 1. Oktober 2018 gab die ESMA die Mitteilung über den Beschluss der ESMA zur Verlängerung der Produktinterventionsmaßnahme in Bezug auf binäre Optionen bekannt. Dieser Beschluss gilt ab 2. Oktober 2018 für einen Zeitraum von drei Monaten.

Am 28. September 2018 verlängerte die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) die CFD-Beschränkung für weitere drei Monate. Die ESMA ist der Ansicht, dass ein erheblicher Anlegerschutz im Zusammenhang mit dem Angebot von CFDs für Privatkunden weiterhin besteht. Die Maßnahme beginnt ab 1. November 2018 und gilt für einen Zeitraum von 3 Monaten.